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Das Friaul ist gut für die Seele.

Autostrada Gefühl

Wie auf dieser Seite bereits erwähnt, bin ich in den Sommerferien Dank meiner Italo-fanatischen Eltern relativ so jedes Jahr auf der Rückbank unseres VW Sharans Richtung Süden gerauscht. Da kam zuerst der Tauerntunnel, dann Villach und relativ schnell danach ein verheißungsvolles Schild: Udine! Aufregung, Bella Italia – wir kommen.

Und trotzdem ist Udine für mich nie mehr als ein Schild auf der Autostrada gewesen, das vielleicht aufgrund seines fast abgelatschten Namens nie unbedingt meine Reiselust geweckt hat. Aber Gott sei Dank kann man sich auf Väter, die Wein und Italien lieben und zu ihrem Geburtstag gerne verlängerte Wochenenden machen, verlassen. Und nachdem Udine doch mitten im wunderbaren Friaul mit seinen kräftigen Weißweinen & feinen Rotweinen liegt, wurde die Family inklusive Schwiegersohn eingepackt – ab geht’s auf die Autostrada, dieses Mal aber bitte Ausfahrt Udine.

Chips in Schüsserln

Da die meisten Österreicherinnen und Österreicher sicher bereits ein oder zwei oder tausend Mal in der verlängerten Getreidegasse Italiens waren, halte ich mich hier kurz. Die Stadt ist nett, den italienischen Flair kriegt man bei einem ordentlichen Sprizz Aperol um kurz vor 12 recht zackig hin (hier sei angemerkt: wann verstehen österreichische Bars es endlich, dass sie zum Aperitivo Chips & Oliven in kleinen Schüsserln servieren sollen? Nie schmecken die Chips so gut wie aus diesen kleinen Schüsserl zum Aperol Sprizz..).

Nach Cacio e Pepe in der Osteria Ghiacciaia – die echt charmant direkt am mit Trauerweiden behängten Stadtkanal liegt, geht’s dann flott raus aus der Stadt und ab Richtung Wein!

Weißwand-Land Italien.

Zugegebenermaßen habe ich als quasi frisch G’fangte den Stiefel immer hauptsächlich mit den großen Roten (we are talking the Big B’s Barolo, Brunello, Barbaresco) verbunden. An dieser Stelle proklamiere ich: Völlig zu unrecht! Italien als neben Spanien und Frankreich weltgrößter Weinproduzent bringt fast gleich viel Weißwein auf den Markt (43%) wie Rotwein (57%). Die Herausforderung für angehende aber auch fortgeschrittene Weinentdecker liegt beim italienischen Wein vor allem in seiner Rebsortenvielfalt. Zum Vergleich: Während in Österreich gerade einmal 40 Rebsorten zum Anbau von Qualitätswein zugelassen sind -  hauen die Italiener mit 400 (!) Sorten auf den Putz. Alle Motivierten nach vorne – wir haben was zu tun.

Inmitten dieser Vielfalt hat die Region Friaul durchaus ein paar Asse im Ärmel. Es umfasst den nordöstlichen Teil Italiens und wird östlich durch die julischen Alpen in Slowenien vor unwirtlichen Nordwinden geschützt. Durch seine nördliche Lage ist das Klima für Italien verhältnismäßig kühl – beste Voraussetzungen also für die begehrte Frische der Weißweine. Im Unterschied zu Österreich liefert die Adria im Süden aber auch die notwendige Wärme für kräftige Aromen und Körper und macht die friulanischen Weißweine daher seit langem zu Spitzenvertretern der italianischen Biancos.  

Der beste Wein ist immer der aus der Gegend.

Nachdem wir in unserem Agriturismo eingecheckt und mit einer Flasche hauseigenem Prosecco begrüßt worden sind („Ist es in Ordnung wenn wir für Sie eine Flasche Prosecco herrichten? JA BITTE GERNE!“), geht’s auch schon ab in die Hügel aka Colli Orientali. In der Vineria Venco del Collio, die uns unsere Hausherrin wärmstens empfiehlt, ist es g’steckt voll – zu unserer freudigen Überraschung aber ausschließlich mit Italienern – gutes Zeichen. Nachdem mir der Padre mittlerweile immer öfter die Weinwahl überlässt, entscheide ich mich zuerst für den Lokalmatador der Region: den Friulano! Nicht unähnlich dem Grünen Veltliner schmeckt er herrlich frisch & animierend – un altro per favore! Anstatt der für die Region bekanntesten Rebsorte dem Pinot Grigio, entscheiden wir uns im Anschluss für die wieder erstarkende alte Rebsorte Ribolla Gialla, die auch im angrenzenden Slowenien dominiert. Die uralte (1296 zum ersten Mal namentlich erwähnt) kommt feierlich golden im Glas daher und passt mit ihrer feinen Frucht perfekt zum Essen. Und weil wir ja nicht umsonst da sind, probieren wir zum Fondato al Cioccalato noch den lokalen Schiopettino – ein tanninreicher Roter mit feinen Waldbeer-Aromen. Nachdem die Stimmung mittlerweile so gut ist, dass der Wirt bei uns am Tisch steht (die Flüssigkeit unseres Italienisch korreliert fast unheimlich stark mit unserem Wein-Input), gibt’s zum Abschluss noch einen Ramandolo – ein Dessertwein, der uns an nichts mehr Böses denken lässt. Was gibt’s Schöneres!

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Wer am nächsten Tag noch Zeit hat (die Heimfahrt dauert Gott sei Dank ja nicht so lang), der sollte sich unbedingt Zeit nehmen für eine kleine Wanderung durch die friulanischen Ländereien. Vorbei an wildem Spargel, majestätischen Zypressenallen und verwucherten Palazzos – so ein Friaul Wochenende tut der Seele einfach gut. Ich will jetzt eigentlich morgen wieder hinfahren, wer ist dabei?  

Dormire

 

  • Villa Chiopris - Agriturismo mit eigenem Weinbau (Villa Chiopris & Livon) mit kitschig italienischen Zimmern und tollem Frühstück am offenen Kamin

Mangiare

Udine:

  • Osteria alla Ghiacciaia - Papiersets, schöne Terazza und hausgemachte Pasta (what else), auch zu Mittag reservieren!

Außerhalb:

  • Corno di Rosazzo: Vineria Venco del Collio  - beste Weine um 25€ die Flasche (Einheitspreis) und wirklich Top Küche!

  • Cormons: Pizzeria Alla Pergola - man trotze dem Interieur, das seit 1970 nicht neu gemacht wurde und finde sich ein zur besten Holzofenpizza und Spaghetti alle Vongole, die man in der Gegend findet. Portionen àlla Nonna - bissl ein Geheimtipp. 

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